29.03.2023

Im Gespräch mit Ivo Haase aus Neuruppin, Brandenburg

„Botschafter der Wärme“ 2012 mit Bundesverdienstmedaille ausgezeichnet.

Im Jahr 2012 vom „Verbundnetz der Wärme“ zum „Botschafter der Wärme“ ausgezeichnet, erhielt Ivo Haase nun, 10 Jahre später eine der höchsten Anerkennungen, die die Bundesrepublik Deutschland für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht: die Bundesverdienstmedaille.

Im Namen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde diese am 27. Februar 2023 durch Ministerpräsident Dietmar Woidke an Ivo Haase und zwei weitere Persönlichkeiten überreicht, die sich mit ihrem vielfältigen Engagement in oder um das Land Brandenburg verdient gemacht haben. Bei der feierlichen Aushändigung in der Potsdamer Staatskanzlei bezeichnete Woidke die Geehrten als „stärkende Kraft für das gesellschaftliche Miteinander“ und betonte in seiner Rede:

„Mit Ihrem ehrenamtlichen Wirken machen Sie sich zur Stimme all derer, die auf die Vertretung ihrer Interessen angewiesen sind oder durch ihr Alter oder ihre Lebensumstände weniger wahrgenommen werden. Durch Ihr Wirken tragen Sie beeindruckend zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe und damit zur Stärkung unserer Demokratie bei. Das kann nicht hoch genug gelobt werden. Ihre soziale Einsatzbereitschaft und die Gabe, Mitmenschen für die gute Sache zu gewinnen, sind in diesen Krisenzeiten wertvoller und wichtiger denn je. Sie machen Mut direkt vor Ort, weil sie das Unterhaken praktizieren und direkte Ansprechpartnerinnen und -partner sind.“

Die Ehrung nahmen wir zum Anlass für ein Interview mit Ivo Haase, in dem wir ihn u.a. nach seiner persönlichen Einschätzung zur Anerkennungskultur des Ehrenamts in Deutschland sowie zu derzeitigen Chancen und Herausforderungen des Ehrenamtes befragten.

Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung ganz persönlich und wie schätzen Sie die Anerkennungskultur im Engagementbereich und Ehrenamt im Allgemeinen ein?

„Die Auszeichnung mit der Bundesverdienstmedaille ist eine sehr besondere Ehre für mich, gerade auch weil ich verhältnismäßig jung bin. Ich nehme in Deutschland prinzipiell eine sehr gute Anerkennungskultur wahr – auf Landesebene, aber auch durch Institutionen wie das VdW, was sehr motivierend ist. Ich bin seit 25 Jahren im Ehrenamt unterwegs und hatte immer großartige Begleiterinnen und Begleiter, mit denen ich wachsen und mich bzw. meine Ideale und Ansprüche, unter deren Prämisse ich Gesellschaft mitgestalten möchte, verwirklichen konnte. Oft hapert das Ehrenamt noch immer eher an Strukturen und finanziellen Mitteln, an Bürokratie und Verwaltung.“

2012 wurden Sie zum „Botschafter der Wärme“ ernannt. Wie hat Sie dieser Titel rückblickend in Ihrem ehrenamtlichen Wirken vor allem auch ideell unterstützt und weitergebracht?

„Meine Mitgliedschaft und mein Mitwirken im VdW waren und sind sehr wertvoll für mich. Gerade auch meine Ernennung zum „Botschafter der Wärme“ im Jahr 2012 bleibt mir unvergessen. Die Ernennungsveranstaltung in Potsdam unter Anwesenheit von Matthias Platzeck, den ich für sein Wirken als Ministerpräsident und auch als Menschen sehr schätze, war ein absolutes Highlight für mich. Die persönliche Begegnung mit ihm hat mir viel bedeutet. Auch das Fotoshooting mit der Fotografin Ines Escherich war ein tolles Erlebnis für mich. Die daraus entstandenen Fotos habe ich lange genutzt. Abgesehen davon und von den, mit dem Botschaftertitel verbundenen finanziellen Ressourcen, war auch die verstärkte mediale Wahrnehmung meines Engagements und der damit verbundenen Vereine und Initiativen in der Öffentlichkeit – beispielsweise bei der Spendenakquise – sehr förderlich und hilfreich.“

Wo sehen Sie ganz persönlich Chancen und Potenziale, aber auch Herausforderungen für das Ehrenamt? Welche Beobachtungen haben Sie in den letzten 10 Jahren, nach Ihrer Ernennung zum Botschafter machen können?

„Es wird immer schwerer, Engagierte langfristig an Vereine oder Initiativen zu binden und vor allem „feste Größen“ wie Schatzmeister oder Schriftführer zu finden. Ich erlebe aktuell eine Generation, die sehr stark engagiert ist – und zwar abseits etablierter Strukturen. Eine Generation, die projektbezogenes Engagement im Fokus hat. Junge Menschen, die konkret aktiv werden wollen, sich ganz konkret für eine Aktion einsetzen möchten. Als Vereine müssen wir uns ihren Bedürfnissen verstärkt anpassen und dürfen nicht hoffen oder gar erwarten, dass sie sich den gegebenen Strukturen anpassen. Etablierte Strukturen helfen im Ehrenamt durchaus, diese Erfahrung habe ich selbst gemacht, aber sie können das Engagement auch begrenzen. Wir brauchen aus meiner Sicht mehr Flexibilität im Ehrenamt. Ehrenamt bedeutet für mich auch immer Loslassen. Ich finde es z.B. wichtig, Projekte abzugeben, denn nur so kann auch Platz für Neues, für neue Projekte und Gestaltungsräume der nachwachsenden Generationen entstehen. Auch die zunehmende Digitalisierung bietet viel Potenzial und Chancen für das Ehrenamt. Onlineversammlungen müssen allerdings noch mehr Gleichstellung mit Präsenzveranstaltungen erfahren – ohne z.B. notwendige aufwendige Änderungen in den Vereinssatzungen.“

Ivo Haase engagiert sich in verschiedenen Projekten, Vereinen und Initiativen. So ist er u.a. Projektleiter des Projektes „Schulstart“ und im Lions Club Neuruppin, für den Tierschutz in der Region, als Wolfsbotschafter des NABU in Brandenburg aktiv. Außerdem ist er als Trainer für Junior Chamber International auf internationaler Ebene und in den Gremien der IHK Potsdam auf regionaler Ebene tätig. Er ist Gründungspräsident des Leo Clubs Neuruppin und lebenslanges Mitglied bei den Wirtschaftsjunioren Deutschland.

Ob mit seinem 2010 gegründeten Projekt „Schulstart“, den zahlenreichen Benefizkalendern oder seinem Engagement im Weltverband „Junior Chamber International“ – junge Menschen und die Förderung ihrer Gestaltungs- und Entwicklungsräume liegen Ivo Haase sehr am Herzen. So ist er in seinem ehrenamtlichen Wirken grundlegend auch immer von der Motivation und dem Anspruch geleitet, zum einen selbst in und mit seinen Aktivitäten und Projekten wachsen zu können, aber zum anderen vor allem auch andere Menschen dabei zu unterstützen und zu begleiten, sich dazu zu befähigen, Herausforderungen und Problematiken selbstbestimmt und eigeninitiativ anzugehen.